Friedreich-Ataxie

Definition, Symptome und Behandlung der Krankheit

Treten Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen auf, denken viele zunächst an Multiple Sklerose. Kommen jedoch zusätzlich ein Ausfall der Muskeleigenreflexe sowie zunehmende Sprechschwierigkeiten hinzu, kann auch eine Friedreich-Ataxie vorliegen. Diese Erkrankung kann bereits im Kindesalter auftreten und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinträchtigen. Die Friedreich-Ataxie gehört zur Gruppe der Heredoataxien und ist die häufigste Form innerhalb dieser Krankheitsgruppe.

Was die Friedreich-Ataxie genau ist, welche Symptome im Verlauf auftreten und welche Ursachen sie hat, erklären wir in diesem Ratgeber.

 

Was ist die Friedreich-Ataxie?

Die nach dem deutschen Neurologen Nikolaus Friedreich benannte Friedreich-Ataxie (FRDA oder FA-Krankheit) ist eine erbliche, fortschreitende neurologische Erkrankung, die schon im Kindesalter oder frühen Erwachsenenalter einsetzen kann. Unter Ataxie (griech. Ataxia) wird eine Koordinationsstörung bewusster Bewegungen verstanden, die durch eine Schädigung des Kleinhirns oder der Nervenfasern hervorgerufen werden kann.

Die FA-Krankheit zeichnet sich durch eine Degeneration der Nervenfasern und des Kleinhirns aus, was zu Gleichgewichtsstörungen, Störungen der Tiefensensibilität und weiteren Symptomen führen kann. Allerdings beschränkt sich FRDA auf motorische Fähigkeiten und beeinträchtigt intellektuelle Fähigkeiten in der Regel nicht.

Ursachen der Friedreich-Ataxie

Etwa eine von 30.000 Personen ist von der Friedreich-Ataxie betroffen, die durch ein mutiertes Gen hervorgerufen werden kann. Genetische Studien aus den 80er Jahren führten im März 1996 zur Entdeckung der Ursache der Friedreich-Ataxie.

Untersuchungen fanden heraus, dass sich das verursachende Gen auf dem Chromosom 9 befindet und Informationen zur Herstellung von Frataxin enthält. Dies ist ein Eiweiß, das aus vielen Aminosäuren besteht und für die Funktion der Mitochondrien von Bedeutung ist. Aus den Mitochondrien geht die Bildung von Energie aus Sauerstoff hervor. Ein Mangel an Frataxin beeinträchtigt diesen Prozess – mit Folgen für Muskelkraft, Koordination und andere Körperfunktionen.

Da die Friedreich-Ataxie eine nicht dominante Erbkrankheit ist, müssen beide Chromosomen desselben Paares ein mutiertes Gen aufweisen, damit es zur Erkrankung kommt. Sowohl Frauen als auch Männer können gleichermaßen Anlageträger bzw. -trägerinnen sein.

Symptome der Krankheit Friedreich-Ataxie

Die Friedreich-Ataxie kann neben dem Rückenmark auch weitere Körpersysteme betreffen, sodass die FRDA als Multisystemerkrankung gilt. Sie manifestiert sich häufig sehr früh im Leben durch zunehmende Koordinationsstörungen (Ataxia), Gleichgewichtsprobleme, Gangunsicherheit, Augenbewegungsstörungen, Sprech- und Schluckprobleme (Dysarthrie, Dysphagie) und dem Ausfall der Sensibilität. Zudem kann es zu Kardiomyopathie und Herzrhythmusstörungen, Wirbelsäulenverkrümmungen oder zum Hohlfuß kommen. Auch das Risiko für Diabetes kann steigen.

Patientinnen und Patienten können sämtliche oder nur einen Teil der folgenden Symptome der Friedreich-Ataxie aufweisen – je nachdem, welcher Teil des Körpersystems betroffen ist:

Eine Ärztin klärt einen Patienten über die Symptome der Friedreich-Ataxie auf.

Läsion des Kleinhirns (Kleinhirnsyndrom)

  • Gleichgewichtsstörungen
  • unsicherer Gang
  • Sprechstörungen mit polternder und schleppender Stimme
  • Störungen der Koordination
  • Störungen der Feinmotorik

Pyramidenbahnläsion

  • Schwäche und Ermüdbarkeit, insbesondere der Beine
  • in seltenen Fällen Spastizität

Beschädigte Hinterstrangbahnen des Rückenmarks

  • Störungen der Tiefensensibilität (Vibrations- und Lagesinn)
  • verstärkte Gleichgewichtsstörungen, insbesondere bei Dunkelheit

Periphere Nervenschädigungen

  • Ausfall der Muskeleigenreflexe
  • Sensibilitätsstörungen und Muskelschwäche

Skelettdeformitäten als Folgeerscheinung der neurologischen Schädigungen

  • Hohlfüße
  • Skoliose (Verkrümmung der Wirbelsäule)

Zudem tritt bei etwa zehn Prozent der Patientinnen und Patienten mit der friedreichschen Ataxie Diabetes auf. Bei einigen Betroffenen der neurologischen Erkrankung gibt es erste Anzeichen einer Kardiomyopathie, die sich durch eine Verdickung der Herzwand offenbart. Im weiteren Verlauf können sich die Herzhöhlen erweitern. Die Begleiterkrankung kann asymptomatisch, aber auch schwer verlaufen und in manchen Fällen tödlich enden.

 

Wie ist der Verlauf der FA-Krankheit?

Sobald die neurologische Erbkrankheit eintritt, schreitet sie in der Regel unaufhaltsam voran. Der Verlauf einer Friedreich-Ataxie ist bei jedem Betroffenen individuell. Die ersten Symptome können bereits im Kindesalter auftreten.

Zu den ersten Anzeichen zählen Gleichgewichtsstörungen, häufiges Stolpern und Koordinationsschwierigkeiten der Arme. Im weiteren Verlauf der Friedreich-Ataxie können Sprechschwierigkeiten, Kältegefühl in den Extremitäten wie den Füßen sowie starke Ermüdbarkeit hinzukommen.

Auch wenn der Krankheitsverlauf bei Patientinnen und Patienten sehr unterschiedlich sein kann, führt die Krankheit in der Regel zum Verlust der Autonomie, sodass Betroffene einen Rollstuhl für das tägliche Leben benötigen.

Diagnose und Behandlung der Friedreich-Ataxie

Mit einer genetischen Blutuntersuchung lässt sich feststellen, ob jemand Anlageträger oder -trägerin der friedreichschen Ataxie ist. Ein cMRT kann zeigen, ob ein Gewebeschwund am Rückenmark oder im späteren Verlauf eine Kleinhirnatrophie vorliegt.

Nach der Diagnose werden Betroffene je nach Symptomatik behandelt, um die Lebensqualität zu verbessern. Für eine Therapie ist grundsätzlich wichtig, dass Patientinnen und Patienten regelmäßig mit Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie betreut werden. Zudem ist laufender Kontakt mit der Fachärztin oder dem Facharzt für Rehabilitationsorthopädie zur Überwachung etwaiger Begleiterkrankungen wie Skoliose notwendig. Periodische Besuche bei der behandelten Ärztin oder dem behandelnden Arzt, Kontrollen bei der Kardiologin bzw. dem Kardiologen sowie regelmäßige Bestimmungen des Blutzuckers sollten ebenfalls eingehalten werden.

Zur weiteren Behandlung kann neben therapeutischen Maßnahmen das Medikament Idebenon eingesetzt werden, welches das Fortschreiten einer Kardiomyopathie bremsen kann. Allerdings ist die Wirksamkeit auf andere Symptome der Friedreich-Ataxie nicht erwiesen.

Wie stehen die Heilungschancen bei der Friedreich-Ataxie?

Bisher gibt es keine Möglichkeit, die Friedreich-Ataxie zu heilen. Allerdings kann durch die Behandlung der Symptome die Lebensqualität der Betroffenen verbessert werden. Die durchschnittliche Lebenserwartung mit einer Friedreich-Ataxie liegt bei 37 Jahren. Durch eine frühzeitige Diagnose, Therapie und Medikamenten wie Idebenon kann die Lebensqualität und Lebenserwartung mit Friedreich-Ataxie positiv beeinflusst werden.

Friedreich-Ataxie – ausgezeichnete Therapiemethoden in den Kliniken der St. Augustinus Gruppe

In den Kliniken der St. Augustinus Gruppe erhalten Menschen mit Friedreich-Ataxie und ihre Angehörigen gezielte Unterstützung – sowohl bei der Linderung der Symptome als auch bei der Bewältigung des Alltags. Im Fachbereich Neurologie stehen fachmedizinische Expertinnen und Experten bereit, um Patientinnen und Patienten von der Diagnosestellung bis zur langfristigen Therapie verlässlich zu begleiten. Dank moderner Diagnostik und interdisziplinärer Zusammenarbeit entstehen individuelle Behandlungspläne, die darauf ausgerichtet sind, die Lebensqualität zu verbessern, das allgemeine Wohlbefinden zu stärken und motorische Fähigkeiten möglichst lange zu erhalten. Zum Einsatz kommen dabei unter anderem Maßnahmen aus der Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie.

Physiotherapie unterstützt Betroffene bei der Behandlung ihrer Friedreich-Ataxie.

Kliniken der St. Augustinus Gruppe mit Schwerpunkt Neurologie

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