Die infantile Zerebralparese

Ursachen, Symptome und Therapie

Die ersten Lebensjahre eines Menschen sind aufregend, sowohl für die Eltern als auch die Kinder selbst. Diese wachsen in ihrem eigenen Tempo, doch wenn sichtbare Schwierigkeiten beim Gehen, Greifen, dem Sprechen, Hören oder Sehen auftreten, kann es sich bei den Symptomen um eine frühkindliche Zerebralparese handeln. Zwischen 0,02 und 0,03 Prozent der Neugeborenen betrifft diese Fehlbildung oder Schädigung des Gehirns, die zu Teillähmungen führen kann.

Was die Zerebralparese genau ist, welche Ursachen sie haben kann und was die spastische, dyskinetische bzw. athetotische und ataktische Zerebralparese unterscheidet, erfahren Sie in diesem Ratgeber.

Was ist eine Zerebralparese?

Unter einer Zerebralparese oder Cerebralparese (CP) versteht man eine Teillähmung verschiedener Körperregionen, die durch eine Hirnschädigung hervorgerufen werden. Diese kann vor, während oder nach der Geburt auftreten, weshalb sie auch als infantile Zerebralparese bezeichnet wird. Je nachdem, welche Gehirnareale betroffen sind, kann dies die Bewegungs- und Sprachfähigkeit sowie das Gehör, das Sehen und das Denken beeinflussen. Die Zerebralparese besteht ein Leben lang, verschlimmert sich jedoch nicht mit der Zeit. So konzentrieren sich die Behandlungsmethoden darauf, die vorhandenen Fähigkeiten der Betroffenen zu erhalten und zu verbessern.

Ursachen einer Zerebralparese

Die Ursachen für eine Zerebralparese können stark variieren, manchmal führen mehrere Ursachen zu einer Hirnschädigung oder Fehlbildung. Dazu können zählen:

  • Infektionen wie Röteln, Windpocken, Toxoplasmose, der Zytomegalievirus oder eine Zika-Virusinfektion in der Schwangerschaft
  • Verletzungen des Embryos in der Gebärmutter
  • Genmutationen, die zu einer Entwicklungsstörung des Gehirns führen (Dysgenesie)
  • Rauchen, Alkohol und Drogenkonsum der Schwangeren 
  • Ein hoher Bilirubinspiegel im Blut (Kernikterus), Risiko bei Frühgeburten erhöht
  • Mehrlingsgeburten
  • Zwischenfälle während der Geburt, beispielsweise durch einen Sauerstoffmangel 
  • Schlaganfall vor oder nach der Geburt durch Blutgerinnsel, auch durch Thrombosen bei der schwangeren Person
  • Erkrankungen in den ersten beiden Lebensjahren, unter anderem Hirnhautentzündungen (Meningitis), Blutvergiftungen (Sepsis) oder ein starker Flüssigkeitsmangel (Dehydration)
  • Schütteltraumata und schwere Kopfverletzungen nach der Geburt, die zu einer Schädigung des Gehirns führen

Einigen dieser Risikofaktoren kann vorgebeugt werden, etwa durch das Vermeiden von Alkohol, Drogen und Zigaretten oder das Impfen vor der Schwangerschaft gegen Röteln. Eine Zerebralparese ganz auszuschließen, ist jedoch derzeit nicht möglich.

Symptome der Zerebralparese

Die Symptome bei einer Zerebralparese hängen stark davon ab, welcher Bereich des Gehirns beschädigt oder fehlentwickelt ist. Im Allgemeinen können Störungen im Bewegungsapparat und der Motorik, beim Sprechen sowie beim Denken auftreten. Bei Säuglingen treten die ersten Symptome häufig erst nach einigen Lebensmonaten auf, wenn die Neugeborenen beginnen, nach Gegenständen zu greifen, sich aufzusetzen oder zu laufen. Liegt eine Zerebralparese vor, zeigen sich häufig Entwicklungsverzögerungen oder ein komplettes Ausbleiben der Entwicklung bei bestimmten Bewegungen oder dem Spracherwerb. Zusätzlich können diese Symptome sichtbar werden:

  • Schwäche in den Gliedmaßen
  • Störungen im Muskeltonus, erschlaffte Muskeln oder Muskelkrämpfe
  • Zitternde Hände
  • Unbeholfene oder ruckartige Bewegungen
  • Schwierigkeiten bei präzisen Bewegungen und der Koordination wie beim gezielten Greifen
  • Auffälligkeiten im Gangbild wie ein gebückter Gang oder Scherengang
  • Inkontinenz
  • Epilepsie
  • Schwierigkeiten beim Spracherwerb, der Aussprache oder Wortbildung
  • Schielende Augen
  • Schwerhörigkeit

75 Prozent der von einer Zerebralparese betroffenen Kinder entwickeln Sprachprobleme und 30 bis 50 Prozent eine geistige Behinderung. 

Welche Formen der Zerebralparese gibt es?

Anhand der Symptome wird zwischen verschiedenen Arten der Zerebralparese unterschieden, die auch in Kombination auftreten können:

Spastische Zerebralparese

Eine Spastik kennzeichnet sich durch einen erhöhten Muskeltonus und damit einhergehende Gliedersteifheit. Diese können weiter unterteilt werden, je nachdem, ob eine Gliedmaße (Monoplegie), beide Arme oder Beine (Paraplegie), alle Gliedmaßen (Tetraparese) oder alle Gliedmaßen einer Körperhälfte (Hemiparese) unter Lähmungen leiden.

Ataktische Zerebralparese

Die Ataxie beschreibt abgehackte Bewegungen und Störungen im Gleichgewichtssinn, die zu Schwierigkeiten bei der Koordination führen können. Auch Seh-, Hör- und Sprachstörungen gehören zur Ataxie. Darüber hinaus können Verhaltensstörungen und Grimassen bei Menschen mit einer frühkindlichen Ataxie hinzukommen.

Dyskinetische / athetotische Zerebralparese

Bei der Athetose leiden die Betroffenen ebenfalls unter verkrampften Muskeln, allerdings begleitet von langsameren, unkontrollierten Bewegungen. Außerdem können die Muskeln innerhalb weniger Sekunden von verspannt zu entspannt und umgekehrt wechseln.

Welche Regionen von der Zerebralparese betroffen sind, hängt von den geschädigten bzw. fehlgebildeten Hirnarealen ab, unterscheidet sich also individuell bei den Patientinnen und Patienten.

Diagnose einer Zerebralparese bei Kindern

Die Diagnose einer Zerebralparese wird in der Regel innerhalb der ersten beiden Lebensjahre gestellt, bei weniger ausgeprägten Symptomen bis zum fünften Lebensjahr. Dies geschieht meist während der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen (U-Untersuchungen), in denen die Ärztinnen und Ärzte auch die motorische Entwicklung der Kinder verfolgen. Hierfür setzen sie verschiedene Bewegungstests ein und kontrollieren in regelmäßigen Abständen das Wachstum der Kinder, deren Körperhaltung, Muskelspannung und Koordination sowie das Hör- und Sehvermögen. Um die Diagnose Zerebralparese zu bestätigen und andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen auszuschließen, können weitere Untersuchungen durchgeführt werden:

  • Anamnese zur Schwangerschaft und Geburt
  • Blutuntersuchungen im Labor
  • Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) des Gehirns
  • Elektroenzephalogramm zur Überprüfung der Gehirnaktivität
  • Tests der Muskel- und Nervenfunktion
  • Gentests
  • Einschätzung der Bewegungsstörungen mithilfe des Systems zur Klassifizierung der grobmotorischen Fähigkeiten (GMFCS)

Das GMFCS unterteilt sich in fünf Stufen und beschreibt, über welche motorischen Fähigkeiten die Kinder verfügen und welche Mobilität ihnen diese erlauben bzw. wie viel Betreuung sie benötigen, um im Alltag zurechtzukommen.

Die Grafik zeigt eine Mutter und ihr Kind mit einer Zerebralparese bei der U-Untersuchung.

Behandlung und Therapie einer Zerebralparese im Kinder- und Erwachsenenalter

Da die Symptome und Ursachen einer Zerebralparese stark variieren können, kommen bei der Therapie ganzheitliche Behandlungspläne unter Zuhilfenahme verschiedener Fachärztinnen und -ärzte zum Einsatz. Zu den Basisbausteinen gehören die Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie, außerdem können Medikamente, Operationen und orthopädische Hilfsmittel wie Orthesen und Rollstühle eingesetzt werden, um das Leben der Betroffenen zu erleichtern.

Die meisten Kinder mit Zerebralparese erreichen das Erwachsenenalter und obwohl die Parese nicht weiter fortschreitet, kann sie dennoch im späteren Leben zu Gelenk- und Muskelschmerzen führen. Auch psychische Erkrankungen wie eine Depression durch die täglichen Einschränkungen können entstehen und sollten fachmedizinisch behandelt werden. Generell sollte mit der Behandlung einer Zerebralparese so früh wie möglich begonnen werden, um die weitere Entwicklung bereits in jungen Jahren positiv beeinflussen zu können.

Zerebralparese – exzellente Therapiemethoden in den Kliniken der St. Augustinus Gruppe

Die St. Augustinus Gruppe erstellt für ihre Patientinnen und Patienten mit einer Zerebralparese multidisziplinäre Behandlungskonzepte vom Kindes- bis ins Erwachsenenalter und bietet den besonders jungen Menschen ein konstantes Umfeld mit einer gleichbleibenden Betreuung aus Experten des Fachbereichs Neurologie. Abhängig von den vorliegenden Symptomen finden die Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie ebenfalls Anwendung im Therapiekonzept. Bei psychischen Erkrankungen durch die andauernde Belastung aufgrund der Beeinträchtigungen einer Zerebralparese kann auch eine Psychologin bzw. ein Psychologe hinzugezogen werden.

Das Team der Neurologie unterstützt Betroffene in der Behandlung ihrer Zerebralparese.

Kliniken der St. Augustinus Gruppe mit Schwerpunkt Neurologie

Das sagen unsere Experten zum Thema Zerebralparese

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